Asako Yuzuki „Butter“

Asako Yuzuki „Butter“

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Die Entscheidung, den Roman „Butter“ von Asako Yuzuki nicht zu Ende zu lesen, hat mich irgendwie erleichtert. Nicht weil es ein besonders schlechtes Buch ist (Überraschungsbestseller in Japan!), es könnte vielleicht ein recht wichtiges Buch sein für Menschen, die in ihrem Leben gefangen sind, deren Leben von außen bestimmt wird, die sich nicht trauen, sie selbst zu sein. Sondern weil ich mit der Erwartung eines Kriminalromans in die Geschichte eingetaucht bin (die Morde spielen nur eine Nebenrolle) und weil mich weder der Schreibstil der Autorin noch ihre nicht gerade subtile Art auf Dauer fesseln konnten.

In „Butter“ will die Journalistin Rika die erste weibliche Chefredakteurin einer Wochenzeitschrift werden. Dazu versucht sie an ein Exklusivinterview mit einer verurteilten Mörderin zu gelangen. Die Mörderin Manako Kajii hält sich allerdings von der Presse fern, möchte mit Rika nur über ihre Leidenschaft sprechen: gutes Essen und ihre liebste Zutat Butter. Rika, die sehr auf ihre Figur achtet, auch eher knabenhaft als feminin wirkt, ernährt sich von kalorienarmen Fertiggerichten, da sie selbst nicht kochen kann. Kajii verleitet sie jedoch dazu, neues auszuprobieren, zu kochen (Reis mit Butter, Kastenkuchen), essen zu gehen (Buttercremetorte), etwas Verrücktes zu machen (erst Sex, dann ein nächtlicher Restaurantbesuch allein). Rika öffnet sich ihr und gerät immer mehr in ihren Bann. Auswirkungen dieser Beziehung sind auch äußerlich an ihr zu erkennen. Sie nimmt zu, bekommt weibliche Formen. Und überraschend ist, dass sie sich in ihrem Körper trotzdem wohlfühlt. Rika lernt mit der Zeit, Maß zu halten bzw. das richtige Maß zwischen den Extremen zu finden. Auch zwischen den Erwartungen und Wünschen anderer und dem was einem selbst gut tut. Ihre Freundin Reiko unterstützt sie nach anfänglichen Bedenken dabei und kann auch so ihr eigenes Leben überdenken.

„In einer Gesellschaft, in der Jungfräulichkeit weit höher geschätzt wurde als Reife, war die Vorstellung, dass eine Frau schlank sein musste, um etwas wert zu sein, seit jeher tief verwurzelt. Eine Frau musste schon sehr resolut sein, um sich zu entscheiden, keine Diät zu machen und einfach dick zu sein.“

Was mich an diesem Roman sehr stört, ist diese wiederholte Verdeutlichung der Frauenfeindlichkeit und der japanischen Frauen- und Männerstereotypen: „Von Japanerinnen wird verlangt, geduldig, fleißig, und leidensfähig zu sein und sich zugleich weiblich, nachsichtig und fürsorglich gegenüber Männern zu verhalten. Die meisten Frauen reiben sich auf in dem Versuch, eine Balance zwischen diesen Ansprüchen zu finden.“ Es wird wiederholt darauf hingewiesen, dass sie in einer männerfixierten Welt leben, Männer werden bevorzugt, und Frauen, die nicht dem Schlankheitsideal entsprechen, disziplinlos seien und sich gehen ließen. Und jeder das Recht habe, sie darauf hinzuweisen sowie ihr Diättipps zu geben. Die Art, wie die Autorin diese negativen Kommentare, den Hass und die Feindlichkeit gegenüber Frauen äußert, ist mir zu direkt, zu wenig differenziert. Das führt teilweise auch dazu, dass ich mich gedanklich gegen sie wehre und mich unwohl beim Lesen fühle.

„Die älteren Männer in der Redaktion, die so viel entspannter und lockerer auftraten als sie, hatten bestimmt eine Ehefrau zu Hause. Bisher hatte sie nie richtig darüber nachgedacht, wie viel Kraft diese Frauen ihren Familien gaben. Tag und Nacht waren sie für ihre Partner da und fingen auf, was immer sich in ihnen angestaut hatte.“

Zusätzlich wird betont, dass Frauen Karriere und Familie nicht erfolgreich verbinden können, selbst wenn sie übermenschliches leisten. Sie zehren sich bei dem Versuch auf und werden unglücklich. An der Journalistin Rika wird ein Umdenken dieser tradierten Lebensmodelle dargestellt. Durch die ungewöhnliche Manako werden ihr die Zwänge, (selbst-)auferlegten Verbote und Verzichte bewusst. Sie wandelt sich zu einem glücklicheren Menschen, zu einer selbstbewussten und selbstzufriedenen Frau. Sie lernt, sich selbst zu lieben und wertzuschätzen.

Vielleicht werde ich irgendwann die Lektüre wieder aufnehmen, um zu erfahren, wie es mit Rika und Reiko ausgeht. Wer weiß…

 

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Asako Yuzuki

Butter. Roman

Aus dem Japanischen von Ursula Gräfe

Blumenbar, Aufbau Verlage, 2022