Elisabeth Beer „Die Bücherjägerin“

Elisabeth Beer „Die Bücherjägerin“

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Nicht jeder Roman ist ein Lesehighlight oder kann ich uneingeschränkt empfehlen. Das wäre auch überaus seltsam, denn bei so vielen unterschiedlichen Romanen spielt der Geschmack ja eine nicht unerhebliche Rolle. So kommt es schon mal vor, dass ich Bücher abbreche (z. B. auch Colson Whitehead „Die Regeln des Spiels“), weil ich mich mit dem Sprachstil oder mit der Handlung nicht anfreunden kann. Das ist schade, aber allemal besser, als sich durch den Roman zu quälen und sich nachher noch mehr zu grämen. Andere Bücher entwickeln beim Lesen Potenzial, das entweder ausgeschöpft wird oder nicht — das herauszufinden macht dann den Reiz des Lesens aus, oder wie seht ihr das?


„Die Bücherjägerin“ von Elisabeth Beer ist so ein Buch mit Potenzial. Darin geht es um die menschenscheue Sarah, Bücherjägerin, Kartensammlerin und Restauratorin, die sich mit einem Fremden, der plötzlich vor ihrer Tür steht, auf die Jagd nach einer altrömischen Karte begibt und gleichzeitig Spuren ihrer gerade verstorbenen Tante folgt. Ihre Reise führt sie nach Frankreich und England. Aufmerksame Lesende ahnen es, bei der Reise kommen sich die beiden Protagonisten näher, und die neuen Impulse stellen Sarahs Leben völlig auf den Kopf.

Gut gefallen hat mir, dass die Geschichte dann doch nicht so vorausschauend war, wie es gerade klingt. Die Verbindung mit ihrer Tante und die Suche auf den letzten Metern haben unerwartete Wendungen hervorgebracht. Durch die Innensicht auf Sarah haben wir einen Einblick in Menschen bekommen, die Schwierigkeiten haben, menschliche Emotionen zu deuten, und auch die Bücherliebe der Figuren fand ich authentisch — und für mich als Buchliebhaberin auch sympathisch. Die ausführliche Beschäftigung mit Trauer und der Rückblick der Schwestern hat Beer sehr einfühlsam beschrieben.


Trotzdem haben mich einige Aspekte beim Lesen gestört: Die ausführlichen Abschweifungen über historische Karten und die zu eingeschränkte Sicht Sarahs auf die Welt bzw. eine teilweise überspitzte Unbeholfenheit der Figuren fand ich streckenweise zu nervig und einseitig. Durch die stereotype Darstellungsweise haben die Figuren mich nicht mehr überraschen können. Die Technikablehnung, der Fimmel mit den Atlanten und die altbackene Frauenrolle von Sarahs Schwester haben mich manchmal denken lassen, dass der Roman nicht im 21. Jahrhundert spielt.
Bei Themen, die nebenbei angesprochen werden, wie Kolonialismus, Diversität, Rassismus, Diskriminierung, bleibt mir die Autorin noch zu sehr an der Oberfläche, da hätte ich einen tieferen Einblick und mehr Mut erwartet.


Fazit

Insgesamt konnte mich die Autorin mit „Die Bücherjägerin“ nicht abholen. Das erhoffte Potenzial hat Beer nicht gänzlich ausgeschöpft. Das Buch nun aber durchweg schlechtzureden, wäre auch nicht fair, denn es ist alles in allem ein durchaus gelungener Roman, den ich allen bibliophilen Lesenden als leichte Bettlektüre empfehlen kann — ein wenig Abenteuer, ein wenig Liebe, ein wenig ernste Themen.

Ich bedanke mich ganz herzlich beim DuMont Verlag für das Leseexemplar.

Elisabeth Beer „Die Bücherjägerin“. Roman

DuMont Buchverlag, 2023, 432 Seiten

ISBN: 978-3-8321-6638-0